Werbung mit der VV

Mitte Mai 2002

In Oberschleißheim geht ein seltsamer Anruf ein, ein Fotograf aus Düsseldorf ist auf der Suche nach einem "schönen" Segelflugzeug. Gerhard Herzog bittet den Herrn, etwas später wieder anzurufen, wenn der Besitzer des "schönen" Flugzeuges, damit war ich gemeint in der Werkstatt auftauchen würde.

Zufällig bin ich anwesend als der Fotograf, René Jaschke sich intensiv erkundigt, ob und wann ich Zeit und Lust hätte "ein paar Fotos" von meiner ASW22 machen zu lassen, die dann auf ein Werbeplakat der Deutschen Bank 24 gedruckt werden sollten.

Hätte ich damals gewusst, was dieser Anruf auslöst, dann hätte ich noch einmal eine Nacht darüber geschlafen, anstatt spontan zuzusagen.

Nun, eine Woche später taucht René Jaschke mit einem Assistenten in Oberschleißheim auf, wir haben unglaubliches Wetterglück, sowohl am Tag vorher als auch am Tag nach den entscheidenden Aufnahmen regnete es aus Kübeln. Am Tag der "Pflichtaufnahmen knallte die Sonne von 10 Uhr Vormittag bis 15 Uhr Nachmittags "pflichtgemäß" so, wie der Fotograf es erwartete.

Für die Bereitstellung des Flugzeuges und meine Hilfe erhielt ich eine angemessene Vergütung und dachte, damit sei alles erledigt.

Etwa 2 Wochen nach diesem Fototermin kommt ein weiterer Anruf dieses Mal von einem Herrn Kunde, der sich als Producer der Firma telemaz-commercials vorstellt und ebenfalls auf der Suche nach einem "schönen" Segelflugzeug von meiner ASW22 gehört hatte.

Er war ganz ehrlich, als er mir klar machte, dass der Aufwand für Werbefilmaufnahmen etwa zehn mal so hoch sei, wie für ein "paar Fotos". Da hätte ich zuhören sollen. In meinem Kopf hatte sich aber schon das Bild von dem Kamerateam des Bayerischen Rundfunks festgesetzt, das im Jahr 2000 eine kleine Geschichte von 20 Minuten auf dem Fluggelände Greiling drehte, deren Mittelpunkt unser Ehrenmitglied Horst Kretschmer war.
Und so sagte ich schon wieder spontan zu. Eine Woche später begannen die ersten Vorgespräche über den Ablauf er Aufnahmen. Es ging um einen 30 Sekunden Werbespot für die Deutsche Bank 24 und wir machten ein Treffen in Greiling aus um die Details zu besprechen, das konnte ja wohl kein Aufwand sein, 30 Sekunden gegen 20 Minuten des BR.

Der Producer Kjell Kunde entpuppte sich als freundlicher und geduldiger Mann, der während der gesamten folgenden 1 ½ Wochen nie Nerven zeigte, außer ein einziges Mal, auf das ich noch zu sprechen kommen werde. Ich wurde darum gebeten, das Flugzeug doch mal vorzufliegen, damit man sich eine Vorstellung von dem Segler machen könne.

Diese kleine Platzrunde beseitigte bei der Filmcrew die letzten vielleicht noch vorhandenen Zweifel, ob man denn das richtige Fluggerät gewählt hätte. Die VV zeigte sich von ihrer schönsten Seite, ein Vorbeiflug mit 250 km/h löste Begeisterung aus.

Kjell Kunde war nicht alleine gekommen. Da war noch der Regieassistent Peter, der Kameramann Jan mit seinem Team und immer noch schöpfte ich keinen Verdacht. Erst als Peter dann fragte, wo denn die beiden 7 ½ Tonner und der Cateringwagen des 35 Mann starken Sets aufgestellt werden könnten, wurde mir schlagartig klar, dass diese Sache meine Kompetenzen im Verein bei weitem übersteigen würde.

Schnellstens, wenn auch offenbar viel zu spät, band ich jetzt die Vorstandschaft des AeCM und die Haltergemeinschaft Greiling in die Planungen mit ein. Zu meiner Erleichterung stiegen beide Vereine in das Projekt ohne wesentliche Vorbehalte ein und mir viel ein riesiger Stein vom Herzen. Eine finanzielle Vorstellung wurde mit Hilfe von Lars Reckmann festgelegt, der uns für die Behinderungen des Flugbetriebes während der geplanten Aufnahmen entschädigen sollte.

Dann folgte banges Warten auf das passende Wetter. Ursprünglich war geplant am 27. und 28. Mai zu drehen. Zu den Dreharbeiten wurde eine Schleppmaschine benötigt, nicht etwa um zu schleppen, sondern nur um im Hintergrund der Bodenaufnahmen ein bisschen hin und her zu rollen.

Die Haltergemeinschaft in Gestalt von Reinhold Haanraets besorgte die dazu nötige Erlaubnis von der Gemeinde Greiling, das Luftamt Südbayern war ebenso einverstanden. Auch ein Hubschrauber durfte am Drehtag auf dem Gelände landen. Ich selbst besorgte eine Frequenz auf der man sich ungestört unterhalten konnte, dabei spielten die Kontakte zu meinen früheren Arbeitskollegen eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Dann verschob man auf Dienstag, dann auf Donnerstag, den 30. Mai, Christi Himmelfahrt.

Die Haltergemeinschaft schloss dann kategorisch irgendwelche Motoraktivitäten an diesem Tag aus. Also kam nur eine Aktion in Frage, wir würden mit einer Flügelkamera ein paar Luftaufnahmen machen können, vorausgesetzt die Halterung genügte den Sicherheitsansprüchen, die ich berechtigterweise anmeldete.

tl_files/images/wingcamera.jpgDie Flügelhalterung nahm langsam Gestalt an - und was für eine Gestalt - die Plattform für die Kamera wurde mittels eines in kürzester Zeit angefertigten Adapters anstatt des Außenflügels der ASW22 an der rechten Fläche befestigt.

Meine Bedenken, dass man mit einem solchen Ungetüm an der Fläche nicht verhindern würde können, dass sich nach der Landung genau diese Fläche ablegen würde und ein Ringelpiez mit Beschädigung von Flugzeug und Kamera nicht vermeidbar sein würde, spornte die Crew erst richtig an.

Innerhalb von 30 Minuten bekam die Halterung ein kleines Rad, auf dem sie nach der Landung problemlos ausrollen würde können.

Meine Zweifel bezüglich der Festigkeit und eventuell auftretender Schwingungen wurden durch einige Gespräche mit Flugzeugbauexperten abgeschwächt, wenn schon nicht ganz beseitigt.

Zwei dicke Kabel mussten von der Kamera auf der Unterseite des gesamten Flügels, knapp hinter dem Zackenband mittels Tape befestigt und, um den Rumpf hinter dem Fahrwerk herum und dann über das Fenster in der Haube in das Cockpit geführt werden. Die 16mm-Filmkamera - Wert, mehr als das Flugzeug - durfte genauso wenig beschädigt werden, wie das Flugzeug selbst.

Ein Probeflug mit der Halterung ohne Kamera und dem bereits verklebten Kabel verlief völlig ohne Probleme. Keine Vibrationen, keine Schwingungen, ja fast keine merklichen Auswirkungen überhaupt. Also konnten wir mit Stufe 2 weiter machen.

Die Sorge von Lea, der Kameraassistentin des 2nd Teams, das für die Luftaufnahmen zuständig war, um ihre kostbare Kamera führte zu dem Vorschlag, einen "Windschutz" zu konstruieren, der das Objektiv vor zu starken Luftverwirbelungen schützen sollte.

Das war mir als Pilot zwar nicht so ganz geheuer, aber na ja, so schlimm würde es schon nicht werden. 
Dann der entscheidende Erstflug mit Halterung, Kamera und Windschutz. Der Start war meine größte Sorge, würde die Ruderwirkung ausreichen um das Flugzeug einigermaßen in der Richtung zu halten? Die linke Hand am Ausklinkknopf, Seitenruder und Querruder voll nach links ausgeschlagen und der Rumpf leicht nach links gestellt erwartete ich das Anschleppen unserer Winde.

Siehe da, es ging ganz gut, der erwartete Ausbruchsversuch der ASW 22 hielt sich in Grenzen, so dass einem weiteren Start mit montierter Kamera von meiner Seite her nichts im Wege stand. Dass es später genau die beim Probeflug geschossenen Aufnahmen sein würden, die für den Werbespot dann benutzt werden würden, wusste damals noch niemand.

Ob die Aufnahmen überhaupt brauchbar sein würden, wusste natürlich auch niemand und während Zeitspanne vom Morgen des 31. Mai bis zum Anruf der Cutterin, dass die Flügelkameraaufnahmen technisch perfekt waren, vibrierten sogar die Nerven von Kjell, der sonst die Ruhe selbst war und ein, ja fast genialisches Geschick zeigte, die jeweils nervlich am Ende befindlichen Teilnehmer auf dem Set wieder "auf die Reihe" zu bringen.

tl_files/images/camera1.jpgAm Freitag, den 31. Mai 2002 wurde dann "in einem Rutsch" alles abgedreht, was erforderlich war, um den Fernsehspot zu einem Erfolg werden zu lassen. Das 1st Team machte einen so gar nicht eingeplanten Schuss während des Windenstarts der ASW22, der anschließend einen wesentlichen Teil der 3 - 4 Sekunden Flugaufnahmen im eigentlichen Spot ausmachte.

Das 2nd Team mit Kameramann Jan Hofmann schaffte "starke Aufnahmen" der VV aus einem Helikopter, meine Nerven als Pilot der ASW22 waren dabei bis zum Anschlag belastet, aber letztlich wurden die, bei diesen Aufnahmen erzielten, tollen Bilder in dem Spot leider nicht verwendet.

Fazit: Der Aufwand für einen 30-Sekunden-Spot im Fernsehen, der vom Produktionsteam betrieben wird ist für Außenstehende anfangs nicht nachvollziehbar, aber nach ein paar Tagen versteht man sehr wohl, dass jede Sekunde eines solchen Spots absolut perfekt sein muss und dafür ist der Aufwand völlig angemessen. Das letztlich aus den Aufnahmen entstandene Commercial ist ganz einfach perfekt. Gratulation an das Aufnahmeteam, You did a great Job!

Wer den Werbespot im Fernsehen noch nicht gesehen hat, der kann das hier nachholen, einfach das folgende Bild anklicken und dann sollte automatisch der Windows Media Player anlaufen und das Video abspielen, viel Spaß:

tl_files/videos/db.jpg

Deutsche Bank 24 Werbefilm