Der Regenflug

tl_files/images/regen.jpgDie Wettervorhersage für Mittwoch den 11. Juni 2003 war eigentlich eher bescheiden, aber nachdem wir - Arne, Jan und ich - uns schon mal verabredet hatten, wollte ich nicht mehr zurückstehen und siehe da, so schlecht sah es am Mittwochvormittag gar nicht aus.

Die Streckenwahl bereitete etwas Kopfzerbrechen, denn in den westlichen Alpen wurden schon am Vormittag Gewitter mit Hagel und Sturm prophezeit und vom Flugplatz aus konnte man auch schon die ersten hohen Wolkentürme im Westen beobachten, wohin also den ersten Schenkel legen, natürlich nach Osten. Wenn aber die Gewitter weiter nach Osten vorrücken, wie kommen wir dann wieder zurück?

Also raus ins Flachland, vielleicht konnte man ja später in das hoffentlich nicht allzu verregnete Voralpenland im Endanflug urückgleiten. Gedacht, gemacht. Die Strecke soll von Greiling nach Osten bis zur kleinen Ortschaft St. Martin am Grimming führen, von dort aus den Bergen heraus Richtung Nordwesten zur zweiten Wende nach Grafenau im Bayrischen Wald und dann zurück nach Greiling - 520 km FAI-Dreieck. Jan hat sich etwas ähnliches für seinen Flug mit der AX zurechtgelegt, allerdings etwas kürzer.

Die Sache beginnt recht mühsam, die ASW 22 steigt nur recht zögerlich, die Thermik ist durch großräumige Abschirmungen sehr stark beeinträchtigt aber im Osten locken prächtige Cumuluswolken und so arbeite ich mich langsam aber sicher in niedriger Höhe Richtung Tegernsee, dann nach Geitau und schließlich zum Thiersee bei Kufstein voran. Hier treffe ich erstmals auf gutes Steigen von 2 m/s und erreiche erstmals eine Höhe von über 2000 m/NN. Das reicht locker bis zum Wilden Kaiser, der bestes Steigen verspricht.

Über der Scheffauer Spitze geht es dann so richtig los. 4 m/s integriert, McCready-Ring auf 2 m/s und ab die Post Richtung Loferer, von dort problemlos bei Hammerwetter weiter zum Steinernen Meer und schließlich am Hochkönig - welch seltenes Vergnügen - 300m über dem Gipfel Abflug zum Dachstein. So gut die Optik nach vorne aussieht, so schrecklich ist das Wetterbild im Rücken, Gewitter im gesamten Alpenraum, wie mochte das am Abend erst aussehen, wenn ich zurück kommen sollte.

Die niedrigen Hügel vor dem Dachsteinmassiv liefern wieder über 4 m/s und so jagt die ASW22 mit über 180 km/h weiter zur ersten Wende. Die liegt etwas ungünstig, denn ich muss weit ins Tal fliegen um in den Fotosektor zu kommen. Nächstesmal nehme ich sicher wieder die Kirche von Pürgg um den Grimmingbart nutzen zu können.

Quer zu den Gebirgszügen geht es jetzt mit angezogener Handbremse Richtung Scharnstein. Über dem Toten Gebirge ein letzter Bart bis auf 2400 m und dann in völlig ruhiger Luft, mit dem besten Gleiten Richtung Passau. Beinahe 85 km rührt sich nicht das Geringste. Der Bayrische Wald lockt mit herrlichen Wolken, aber wird die Höhe reichen, um dort auch anzukommen?

Erst 300 m über Grund "zupft" es wieder ein bisschen. Mit McCready 0 schleiche ich mich über die Donau und finde guten Anschluss an den Bayrischen Wald. Schnell ist die 2. Wende umrundet und die Heimat ruft. Dazwischen aber liegt die niederbayerische Wüste, kein Lüftchen regt sich und wieder muss die ASW22 alles geben um bis Ampfing-Waldkraiburg zu gleiten und erst in Höhe der Platzrunde finde ich wieder etwas Steigen.

Am Inn entlang folgt ein spannender Endanflug immer zwischen Hoffen und Bangen, denn der Rechner sagt, es fehlen einige hundert Meter. Der Himmel verdüstert sich rundherum und es beginnt überall zu regnen. Bei Bruckmühl finde ich noch einen einzigen Sonnenflecken. Während rundum gewaltige Schauer stehen, findet sich direkt über dem Ort ein schwacher Meter Steigen.

Hoffnung keimt auf, noch fehlen 100m dann 50, dann reicht es ohne Reserve, schließlich bei einem Plus von 450 m wage ich den Flug durch den Regen in Richtung Flugplatz. Arne ist am Funk und bestätigt, dass der Platz noch trocken ist. Das Prasseln der Regentropfen wird schwächer, Holzkirchen zieht vorbei und schließlich reicht es gar noch für einen rasanten Überflug entlang der Bahn. Nach 6 Std. und 40 Min. rollt die immer noch regennasse ASW22 aus und legt, sicher ein kleines bisschen stolz, langsam die Fläche ab.