Einmal Mont Blanc und zurück

Samstag, 25. August 2001

tl_files/images/montblanc.jpgDie vorhergehenden Tage in Sisteron waren für alle Segelflieger in diesem Gebiet eine reine Freude. Das Wetter wurde Tag für Tag noch besser, die Basishöhen stiegen immer weiter an, von zunächst ca. 3.500m auf, von mir noch nie erlebte 4.800m am Mittwoch der folgenden Woche.

Im Lauf der ersten Woche habe ich mich langsam in das Gebiet der Maurienne vorgearbeitet. Schon beim ersten Flug gelang der Sprung über das Modanetal zum Dent Parrachee und weiter zur Grand Casse. Von dort konnte man schon das gewaltige Skigebiet rund um Val d´Isère sehr gut einsehen. Tag für Tag lernte ich neue Berge kennen, den Grand Roc Noir, die Aiguille de la Grand Sassière, den Testa del Rutor. Das große Ziel dieses Urlaubes, der Mont Blanc, mit 4.808m die höchste Erhebung Europas war bei den letzten Flügen schon greifbar nahe.

Den Sprung hin zu seiner Südflanke hatte ich aber immer noch nicht gewagt, nicht weil es dort keine Thermik gäbe, sondern, weil der Rückflug nicht immer gesichert erschien. Entweder ich war zu spät dran, oder die Basis war nicht hoch genug, oder die Meldungen der anderen Kameraden mahnten zur Vorsicht.
Aber heute am Samstag, mit einem rasanten Beginn des Fluges von Sisteron aus, wollte ich es packen.

Fünf Minuten vor 12 Uhr fliege ich den ersten Bart am Trainon aus bis auf 2.000m, der weitere Weg führt auf dem üblichen Weg über den Authon, Auribeau, Blayeul und l´Ubac hinüber zum Parcour. Am Pic Bernadez, klettert die Basis bereits auf über 2.600 m und ich entschließe mich, direkt zur Gipière zu fliegen, dort empfängt mich ein "knackiger" 4m-Bart und in 3.000 m geht es rasch weiter zum Grand Bérard. Leider kann ich dort den guten Bart nicht nutzen, weil ich schon an der Basis ankomme. Also wende ich den Bug der VV nach Norden und fliege auf direktem Weg Richtung Briancon.

Der lange Gleitflug lässt mir viel Zeit, die Landschaft zu bewundern, noch sind im Norden keine Cumuli zu entdecken, aber die JJ mit Jutta und Jörg ist bereits am Rochebrune angekommen und meldet gutes Steigen im Blauen. Ich halte mich etwas weiter westlich um eventuell den Prachaval zu nutzen, da aber geht es weder rauf noch runter, also weiter nach Norden. Erst an der Tête du Peyron findet sich brauchbares Steigen bis auf knapp über 3.200 m.

Zögernd fliege ich, wegen der immer noch niedrigen Basis Richtung Mont Thabor westlich von Bardonecchia und treffe dort nicht nur auf einen kräftigen 3m-Bart sondern auch auf einen französischen Janus, der zielstrebig mit 3.200 m Höhe abfliegt Richtung Aiguille de Péclet, nördlich von Modane. Der unverhoffte Begleiter erleichtert mir die nächsten 30 km sehr. Ich lasse ihn nicht aus den Augen und siehe da, der Pilot des Janus weiß genau was er macht, über die Aiguille de Péclet, weiter zum Dent Parrachée, und zum Grand Roc Noir der jetzt bereits mächtige Cumuluswolken hat.

Wie von Zauberhand erscheinen jetzt überall die weißen Wattebälle und erleichtern das Vorankommen beträchtlich. Am beinahe 2.800 m hohen Col de l´Iseran drehe ich wieder auf Nordkurs und fliege über die Aiguille de la Grande Sassière direkt zum Kleinen Sankt Bernhardpass. Das Ziel ist zum Greifen nah, am Mont Favre hole ich zum letzten Mal Höhe.

Unter einer etwas wässerigen Wolke steigt die ASW22 auf 3.600 m dann bin ich dran, am Mont Blanc. Ich erreiche den Südwestpfeiler in 3.500 m um 14:40 Uhr Ortszeit. Nach wenigen Kreisen in einem schwachen Bart, der mich wieder auf etwa 3.600 m bringt (immer noch 1.200 m unter dem Gipfel) verabschiede ich mich schnell nach Süden um jeden Meter Höhe zu nutzen für den langen Gleitflug zurück in bekanntere Gefilde.
Lange finde ich kein vernünftiges Steigen, auf knappe 3.000 m abgesunken wachsen die umgebenden Berge zu wahren Riesen heran und flößen etwas Furcht ein.

Auf der Südwestseite des zur Grand Sassière ansteigenden Grates werde ich von über 4 Metern Steigen empfangen. Jetzt ist der Rückweg praktisch geschafft. Ich wähle dieses Mal die Route über die Grand Casse und den Dent Parrachée, beide Berge kenne ich schon von den vorhergehenden Flügen.

Geradezu spielerisch mit nur wenigen Kreisen fliegt die VV gelassen über Briancon hinweg zum Col de Vars, von dort über den Grand Bérard schon auf dem Weg zur Heimat, höre ich Bernd mit dem Janus am Pic de Bure und ich beschließe noch ein Stück nach Westen zu fliegen, dort stehen mächtige Quellungen, die offenbar noch sehr gute Thermik liefern. Schon am Col Bayard, also noch östlich des Pic de Bure knackt es in den Ohren, bei 4,5m/s Steigen benötige ich nur wenige Kreise bis zur Basis in 3.400 m Höhe.

Das reicht um noch weit nach Westen zu fliegen, erst 50 km westlich von Sisteron drehe ich um und gleite über das Jabrontal und Saint Auban noch bis über die Hinkelsteine hinaus und über die im abendlichen Sonnenlicht rötlich strahlende Vaumuse wieder zurück zum heimatlichen Flugplatz.
Nach knapp 7 ½ Stunden setzt die ASW22 wieder in Sisteron auf der 18 "dure" auf und während sich die Sonne schnell dem Horizont nähert denke ich mit Begeisterung zurück an diesen herrlichen Flug zum höchsten Berg Europas.