Fliegerurlaub im Odenwald, 1994

Der Aero Club München verreist für 16 Tage

Vor einigen Tagen habe ich mal meine älteren Berichte über fliegerische Erlebnisse durchgeschaut und dabei ist mir der folgende ganz lustige Bericht über das wohl erste Fliegerlager des Aero Club München, bei dem auch die Flugschüler mitfahren durften, wieder in die Hände geraten. Genießen Sie mit mir die geschilderten Erlebnisse:

tl_files/images/3gegen1.jpgAllgemein wird ja behauptet, dies sei ein schlechtes Jahr gewesen, der Sommer habe weitgehend im Saale stattgefunden und fliegen habe man schon gleich gar nicht können. Dieser Auffassung werden zumindest die 22 Teilnehmer am Fliegerlager in Mülben im Odenwald heftigst widersprechen. Von 16 Tagen flogen die Aero-Club-Piloten sage und schreibe an 14 Tagen.

Mitte der zweiten Woche regnete es an zwei Tagen hintereinander am Vormittag. Nachmittags hätten wir an beiden Tagen fliegen können, Winde, Starthelfer, Flugleiter, alles war bereit, nur die Piloten weigerten sich unverständlicherweise zu fliegen mit dem Argument: "Nicht schon wieder, wir können nicht mehr!"

Die Einweisungsflüge zeigten sehr schnell, dass der Platz nicht ganz ohne Tücken ist. Das nördliche Ende der Grasbahn liegt auf etwa 530 m über MSL. mit einer sanften Linkskurve schwingt sich die Bahn hinab auf 500 m über MSL, verjüngt sich zum Südende hin stark und hängt an einigen Stellen leicht nach links. So musste zwangsläufig, unabhängig vom Wind, immer Richtung Norden gelandet werden. Stand die Winde im Süden ergaben sich keine berauschenden Schlepphöhen, aber dafür war die Platzrunde recht interessant zu fliegen: Nach dem Ausklinken Rechtskurve zum Querabflug, dann noch eine Rechtskurve zur Position, dann eine 180° - Kurve in den Gegenanflug und mit zwei Linkskurven zurück zur Landung. Die Flächen beim Abfangen waagerecht halten hieß hier, dass die linke Fläche knapp über der Grasnarbe und die rechte Fläche hoch über dem Boden zu halten war. Alle Piloten meisterten aber nach einiger Zeit dieses Problem beispielhaft.

tl_files/images/patundpatachon.jpgÜberhaupt zeigte sich schon nach wenigen Tagen, dass die anfangs geäußerten Zweifel, ob es denn gut sei Schüler überhaupt mitzunehmen, zunehmend verflogen. Die Überlandflieger wussten es beispielsweise bald sehr zu schätzen, dass Gerd Liedtke mit der ASK 13 eine verblüffend einfache Methode entwickelte, die ersten Bärte des Tages zu entdecken. Starten, mit 80 km/h fliegen, Vario und Fahrtmesser beobachten, wenn der Fahrtmesser auf 90 km/h hochgeht und das Vario ebenfalls nach oben zeigt, einkreisen und man hat 1 m/s Steigen. Auf die Frage ob er denn auch mal raus schaue antwortete Gerd allerdings zum Entsetzen seiner Lehrer: "Nö, warum!".

Natürlich wurde auch der Streckenflug nicht vernachlässigt. Bereits am ersten Sonntag wurden große Strecken angemeldet. Die Gesichter der Mülbener Kameraden werden wir nicht vergessen, als sie nach den Wendepunkten unserer Strecken fragten und Antworten wie: "Allendorf an der Eder, Wartburg bei Eisenach oder der Fernmeldeturm bei Kassel" bekamen. Die ICAO-Karte im Vereinsheim war jedenfalls zu klein um die Dreiecke aufzuzeigen.

Viele kleine Geschichten und Erfolge gab es zu vermelden, so den Umstieg von Jan und Moritz auf die ASW24; das strahlende Gesicht von Robby Reittinger nach jedem seiner zahlreichen JANUS-Flüge; Jan´s Umrundung eines 150km Dreieckes, an einem Tag an dem sonst keiner seine angemeldete Strecke schaffte; das Gesicht von Georg Schadt als er am Ende der ersten Woche ankam und wir ihm mitteilten, dass wir jetzt wohl endlich den TWIN, der bis dahin im Hänger geblieben war, aufbauen könnten; die eineinhalb Stunden Bodenakrobatik von Johannes, um mit der ASW22 nicht noch einmal landen zu müssen; der erste Alleinflug von Christina; Klaus Hofmann´s Bemerkungen, als er einen vermeintlichen Bart anflog, in dem der TWIN und die ASW22 kurbelten, als er merkte, dass hier nur Fotos geschossen wurden, und ansonsten nur 2m Saufen auf ihn warteten; Gerhard Bay´s Außenlandung zwei Meter neben der Landebahn und so vieles andere, aber am besten lasst ihr Euch das alles genauer erzählen von einem der begeisterten Teilnehmer an diesem Fliegerlager, das wir alle so bald nicht vergessen werden.

Rhein-Neckar-Zeitung vom 17.08.1996

... Eine Flugschülerin aus München und drei Segelflugschüler aus Mülben absolvierten ihre ersten Alleinflüge, andere bei gutem Thermikwetter mehrere Langstreckenflüge von mehr als 400 Kilometern. ... Wendepunkte waren Flugplätze bei Kassel, Kaiserlautern, Ramstein und Bamberg sowie die Wartburg bei Eisenach. "Die Stimmung unter den Teilnehmern war hervorragend", resümierte die Vereinsvorsitzende Doris Barth. ...

Dieser Aussage von Doris, der allseits beliebten Vereinschefin des LSV Hoher Odenwald können wir uns nur anschließen und vielleicht sehen wir uns ja schon bald wieder, denn die Odenwälder meldeten großes Interesse an einem Fliegerlager in Greiling an, um dort in die Geheimnisse des Alpensegelfluges eingeweiht zu werden.

Schließlich möchte ich mich als verantwortlicher "GO" bei allen Beteiligten für ihr Engagement herzlich bedanken und freue mich schon auf das nächste Mal, wenn es heißt, der AeCM plant ein Fliegerlager.

Nachtrag: Wer nicht weiß, was ein "GO" ist, der kann sich darüber bei Asterix informieren, dort wird der phönizische Händler Epidemais als G.O. (Großer Organisator) beschrieben und figürlich ähnelt ja der GO von Mülben dem Epidemais ja durchaus. Auf französisch heißt GO, gentile organisateur, was man eher mit netter Organisator übersetzen könnte und auch diese Beschreibung trifft hoffentlich auf den GO von Mülben zu.