Greilinger Tagebuch Teil 1

Montag, 30.04.01

Nach langen verregneten Wochen beginnt endlich die Flugsaison 2001. Es ist föhnig und Uwe denkt beim Briefing, dass es wohl zu keiner Thermikentwicklung kommen könne, solange der Wind derart kräftig aus Süden bläst.

Mein Flug beginnt besser als erwartet mit einem 2 ½ m Bart knapp westlich des Platzes, der bis auf 2000m reicht. Über den Blomberg gleite ich bis zur Benediktenwand, muss aber kurz vor dem Grat abdrehen und etwas weiter östlich über die niedrigeren Felswände auf die Südseite eindrehen.

Auf Grund der deutlichen Südströmung liefert die Benediktenwand gutes Steigen bis auf knapp 2200m. Mutig fliege ich Richtung Soierngrat und lande tief in der Jachenau. Nach einiger Fleißarbeit wieder in 2300m angelangt kämpfe ich mich vor zur Soiernspitze, nicht wie üblich entlang des südlichen Grates, sondern über die niedrigeren Hänge auf der Nordseite. Dann, wieder in 2200m angelangt, weiß ich nicht so recht, wie ich weiterfliegen soll.

Richtung Ahrnspitzen droht das Lee des Karwendels, die Diretissima Richtung Wetterstein erscheint mir zu weit um in einer vernünftigen Höhe anzukommen. Also mache ich einen Fehler, ich fliege planlos ungefähr Richtung Westen, weder zu den Ahrnspitzen noch zum Wetterstein, sondern irgendwie Richtung Garmisch und lande prompt in unglaublich starkem Saufen in der Gegend von Krün.

Etwas panisch beginne ich nach einem Ausweg aus der verfahrenen Situation zu suchen, solange noch Zeit und Höhe vorhanden ist und entscheide mich für den gestreckten Galopp Richtung Benediktbeuern.

Am Herzogstand, knapp 1400m hoch finde ich endlich wieder Steigen und gewinne etwas Zeit um mir die nächsten Schritte zu überlegen. In 2200m wieder mutig geworden fliege ich Richtung Garmisch, nur um am Wank wieder unter 1800m anzukommen.

Mehr als 1 Stunde brauche ich, um aus diesem "Loch" wieder herauszufinden. Mehrfach ist Eschenlohe auf meiner Landeliste. Das Vario, von mir selbst eingebaut funktioniert auch nicht so, wie es sollte. Irgendwie habe ich die verschiedenen Schläuche falsch angeschlossen, sonst könnte der Rechner nicht dauernd melden, ich hätte 88 kmh Rückenwind, während ich ganz offensichtlich gegen den Wind nach Süden fliege. Auch die Reserve zum nächsten Platz wird völlig falsch berechnet, irgendwie habe ich da beim Einbauen Mist gebaut. Wenigstens die Steigwerte stimmen mit dem Bohlivario überein, das ist ja auch schon was.

Endlich wieder in ausreichender Höhe fliege ich über die Benediktenwand und die Blauberge zum Guffert, der wie erwartet mehr als 5 m/s Steigen liefert. Nichts wie herum um die Ecke zum Rofan, dort muss es jetzt ja wohl weiter gehen in die Welle, die meine Fliegerkollegen fast alle schon erreicht zu haben scheinen.

Merkwürdig, mehr als ½ m/s kann ich nicht finden in der Südwand des Rofan, das gibt´s ja wohl nicht. Es bleibt mir nur das Abgleiten Richtung Kufstein. Wer sich in diesem Gebiet nicht ganz genau auskennt, der müsste jetzt in Kufstein landen. Gott sei Dank habe ich einige Jahre meines Fliegerlebens hier verbracht und so weiß ich natürlich ganz genau, wo ich hinfliegen muss, um oben bleiben zu können.

Am Thiersee finde ich den Bart des Tages, der mich wieder auf eine Höhe bringt, mit der ich problemlos zurück nach Greiling fliegen kann. Frustriert durch die euphorischen Meldungen meiner Fliegerkollegen über die in den verschiedensten Wellen erzielten Höhen von 4000m und mehr gleite ich zurück nach Greiling und lande nach 4 ½ Stunden Bodenakrobatik wieder zuhause.


Mittwoch, 02. Mai 2001

500 km FAI Dreieck

Angemeldet waren 500 km mit den Wenden Nauders Schloss und Tauernautobahn Nordausfahrt.

Am gleichen Tag wurde ein 1000 km Jojo geflogen, mit den Wenden 1. am Arlberg, 2. weit östlich von Lanzen/Thurnau 3. wieder nahe Imst und dann nach Hause, sprich nach Königsdorf.

Start in Greiling gegen ½ 12 Uhr. Gutes Steigen sowohl am Blomberg als auch an der Benediktenwand. Der Soierngrat bringt nicht das, was man sich an einem guten Tag erwartet. Die Ahrnspitzen liefern genug Steigen, um vorwärtszukommen. Weiter über die Mieminger und den Tschirgant zum Venetberg ergeben sich keine Probleme.

Während sich der 1000 km-Aspirant in die Lechtaler "verkrümelt" kämpfe ich im Oberinntal mit den nicht so tollen Wolken, nur um festzustellen, dass die beste Thermik sich östlich des Oberinntales befindet.

Wieder zurück in der Thermik um den Venetberg und östlich davon ist mir natürlich nicht bewusst, dass Heiko Hertrich mittlerweile nahezu 200 km vorangeflogen ist. Vom Venetberg an bis zur zweiten Wende, der Tauernautobahn Nordausfahrt, gestaltet sich der Flug völlig problemlos, selbst die Querung von der Nordkette hin zum Zillertal bietet keine Schwierigkeiten.

Der Pinzgau "geht" wie die Feuerwehr. Bester Beweis für die richtige Streckenwahl ist wohl, dass alle Richtung Westen fliegenden Segelflugzeuge praktisch genau auf der eigenen gewählten Linie entgegenkommen. Auf dem Weg zur zweiten Wende, der Tauernautobahn Nord, ist bereits klar, dass es kein Problem bereiten wird, nachhause zurückzukehren.

Zur selben Zeit befindet sich die ASH25 aus Königsdorf gerade mal an der zweiten Wende in der Nähe von Lanzen/Thurnau. Während ich also völlig gelassen nach Hause fliege, hat der 1000km-Flieger noch einen großen Teil seiner Strecke vor sich.

Wenn man das Barogramm des 1000ers studiert, erscheint es auch von Greiling aus machbar, vorausgesetzt man kommt spätestens um 1100 Uhr in die Luft und findet Anschluss an die Hangwindsysteme der Alpen. Ohne F-Schleppmöglichkeit scheint das der schwierigste Teil eines solchen Fluges zu sein.

Die hier verlinkten IGC-Dateien kann man mit einem entsprechenden Programm öffnen und den Flugverlauf betrachten. Bestens geeignet sind da die Programme StrePla oder SeeYou (kostenlose Basisversion zum runterladen auf http://www.naviter.si/

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500 km FAI Dreieck

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1000 km von Heiko Hertrich am gleichen Tag